Der Seegang ist mit einer der größte Gefahren auf See. Die Entwicklung des Seegangs ist abhängig von der Windstärke, der Ausdehnung des Wind- oder Sturmfeldes und von der Wassertiefe.
Mancher glaubt, dass mit einer Welle auch gleichzeitig der Wasserberg mitwandert. Legt man mal einen schwimmenden Gegenstand auf das Wasser, so sieht man das dieser eine ständige Auf- und Abwärtsbewegung macht, ohne dabei in eine Richtung weiterzuwandern. Es ist also nicht das Wasser, das mit der Wellenbewegung fortschreitet, sondern alleine die Energie des durch den Wind angeregten Schwingungszustandes der Wasseroberfläche.
An der Ostsee bei starken Ostwind
© Mario Lehwald
Windsee
Als Windsee bezeichnet man das vom Wind erzeugte Wellenbild an der Wasseroberfläche.
Dünung
Dünung ist alter Seegang; gewissermaßen eine alte, auslaufende See, dessen
Antriebsquelle (der Wind) nicht mehr wirkt. Dünungswellen haben eine große
Wellenlänge. Besonders heranziehende Stürme verraten sich schon lange vorher
durch Dünung aus einer Richtung.
Seegang
Meist treten Dünung und Windsee zusammen auf, d. h. die Dünungswellen vermischen
sich mit den Wellen, die der momentane Wind gerade erzeugt.
Als Seegang bezeichnet man immer das Gesamtbild aus Windsee und Dünung.
Grundsee
Grundsee ist eine Welle, deren Wellenboden bis in die Nähe des Meeresbodens reicht.
Sie entsteht, wenn eine hohe Dünung auf flacheres Wasser stößt. Grundseen
sind sehr gefährlich, da sie ein Schiff durch Aufschlagen auf den Meeresboden
zerstören können.
Kreuzsee
Eine Kreuzsee entsteht, wenn gleichzeitig Windseen, die aus zwei verschiedenen Richtungen
kommen, aufeinanderstoßen. Kreuzseen entstehen meist bei schnellen Durchzügen
von Kaltfronten oder bei Trögen. Vor der Front entsteht Windsee aus Südwest,
während hinter der Front der Wind sprunghaft auf Nordwest dreht. So laufen beide
Windseen im Frontbereich gegeneinander. Dadurch überlagern sich die Wellen.
Diese Kreuzseen sind sehr gefürchtet, weil die Wellen extreme Höhen erreichen
und unregelmäßig verlaufen.
Kreuzsee an einem Trog
An einem ausgeprägten Trog treten starke Windsprünge auf. Der Nordwestwind auf der Rückseite des Trogs erzeugt eine weit vorlaufende Dünung. Diese läuft in das Gebiet der Trogvorderseite hinein, wo der Wind noch aus Südwest kommt. Dabei überlagert sich die von Nordwesten vorlaufende Dünung mit der aus Südwesten kommenden Windsee. Dabei wird eine Kreuzsee erzeugt.
Wellenhöhe (H)
Die Wellenhöhe ist die vertikale Höhe zwischen dem Wellental und dem Wellenscheitel. Sie
hängt ab von der Windstärke, der Anlaufstrecke des Windes über dem Wasser (Fetch)
sowie der Wirkdauer des Windes.
Die sogenannte kennzeichnende oder signifikante Wellenhöhe (H1/3) ist die durchschnittliche Wellenhöhe im höchsten Drittel aller Wellen im Seegang.
Mit Hilfe statistischer Überlegungen lassen sich Aussagen über das Auftreten bestimmter Wellenhöhen im Seegang machen:
Wellenperiode (T)
Die Wellenperiode ist der zeitliche Abstand von einem Wellenkamm zum nächsten.
Wellenlänge (L)
Die Wellenlänge ist der Abstand zwischen zwei Wellenkämmen. Je kürzer die Wellenlänge
bei einer besimmten Wellenhöhe wird, desto steiler ist die Welle. Steile Wellen sind sehr gefährlich.
So kann eine steile Welle mit einer Höhe von 1,5 Metern viel unangenehmer sein als eine flache Welle mit
5 Metern Höhe. Kleine aber steile Wellen treten besonders in der Ostsee auf.
In tiefem Wasser ist die Wellenlänge (L) auf folgende Weise mit der Wellenperiode (T) verknüpft:
Das Verhältnis der Welle zu ihrer Steilheit beträgt 1 : 7, d. h. wenn die Welle 1 Meter hoch ist, ist sie 7 Meter lang. Die Wassertiefe muß dreimal so groß sein wie die Wellenlänge, sonst wird die Welle erheblich steiler. Eine Welle, die in flacheres Wasser kommt, wird durch die Reibung auf dem Meeresgrund stark abgebremst. Allerdings wird nur der untere Teil der Welle abgebremst; der obere Teil läuft dagegen normal weiter. Dadurch ist er schneller als der untere - die Welle überholt praktisch ihren unteren Teil und wird dadurch steiler, bis sie schließlich bricht. Je schneller die Wassertiefe geringer wird, desto stärker ist dieser Bremseffekt und damit auch das Brechen der Wellen. Wird die Wassertiefe geringer als die halbe Wellenlänge, so entstehen mit Sicherheit Brecher.
Brechende Welle an der Küste
© Mario Lehwald
Brechende Wellen auf der Ostsee
© Mario Lehwald
Besonders gefährlich werden lange Wellen, wenn sie in flaches Wasser kommen. Das ist bei Dünung der Fall. Bei der Deutschen Bucht z. B. ist die Wassertiefe erheblich geringer als die Wellenlänge einer Dünung. Die Folge sind dann ziemlich schwere Brecher in den küstennahen Seegebieten.
Wellen bauen sich bei aufkommenden Wind aufgrund der Trägheit des Wassers erst allmählich auf. Daher dauert es ein wenig, bis sich die Windsee zu einer Windstärke voll aufgebaut hat. Wenn bei einem Gewitter heftige Böen durchziehen, gibt es nur selten eine grobe See, weil die Dauer des Windes viel zu kurz ist und meist auch noch die Richtungen zu stark wechseln, um eine entsprechende Windsee aufzubauen. Es ist auch einleuchtend, dass ein sehr langer Windweg über Wasser (auch »Fetch« genannt) von z. B. einigen hundert Kilometern eine entsprechend hohe See aufbaut.
Wellen bei Windstärke 7 aus West auf der Kieler Förde
Wegen des geringen Fetch kann sich hier keine hohe Windsee aufbauen
© Mario Lehwald
Wellen bei Windstärke 7 aus Ost am Ausgang der Kieler Förde
Wegen des großen Fetch kann sich eine hohe Windsee aufbauen
© Mario Lehwald
An flach ansteigenden Ufern richten sich die Wellenfronten parallel zu den Tiefenlinien aus. Das führt dazu das Wellen, die sich weit draußen auf See parallel zur Küstenlinien bewegen, am Strand auf die Küste zuschwenken. Man bezeichnet diesen Effekt als Refraktion.
An Inseln und anderen Kanten kommt es zu einer Beugung von Wellen. Laufen Wellen von See kommend auf eine Insel zu (z. B. Helgoland), so werden diese um die Insel herumgebeugt und es kommt auch auf der Leeseite der Insel zu Wellen.
Diese Seegangsskala ist international und wird auch bei den Seegangskarten verwendet. Die Stufe 9 entspricht dabei dem Seegang einer Windstärke von 12 Bft. Die erste Spalte enthält die Nummer der Seegangsskala. In der zweiten Spalten ist die Windstärke in Beaufort angegeben, die diesem Seegang entspricht.
Nr. | Bft. | Bezeichnung | Auswirkung |
---|---|---|---|
0 | 0 | Vollkommen glatte See | Spiegelglatte See. |
1 | 1 2 |
Ruhige, gekräuselte See | Kleine, schuppenförmig aussehende Kräuselwellen, keine Schaumkämme. |
2 | 3 | Schwach bewegte See | Wellen noch kurz, aber ausgeprägter. Kämme sehen glasig aus aber brechen sich nicht. Vereinzelt weiße Schaumköpfe. |
3 | 4 | Leichte, bewegte See | Wellen noch klein, werden aber länger. Ziemlich verbreitet treten weiße Schaumköpfe auf. Die sich brechende See rauscht. |
4 | 5 6 |
Mäßig bewegte See | Wellen länger, ausgeprägter. Überall weiße Schaumköpfe. Vereinzelt schon Gischt. Brechen der See hört sich wie Murmeln an. |
5 | 7 | Grobe See | Größere Wellen. Kämme brechen sich und hinterlassen größere weiße Schaumflächen. Dumpfes, rollendes Geräusch der sich brechenden See. |
6 | 8 | Sehr grobe See | See türmt sich. Der beim Brechen entstehende weiße Schaum beginnt sich in Streifen in die Windrichtung zu legen. Das Geräusch der sich brechenden See in größerer Entfernung hörbar. |
7 | 9 | Hohe See | Mäßig hohe Wellenberge mit Kämmen von beträchtlicher Länge. Von den Kanten der Kämme beginnt Gischt abzuwehen. Der Schaum legt sich in ausgeprägten Streifen in die Windrichtung. |
8 | 10 11 |
Sehr hohe See | Hohe Wellenberge mit langen, überbrechenden Kämmen. See weiß durch Schaum. Schweres, stoßartiges Rollen der See. Sicht durch Gischt stark beeinträchtigt. |
9 | 12 | Außergewöhnlich schwere See | Außergewöhnlich hohe Wellenberge. See völlig weiß Luft mit Schaum und Gischt angefüllt. Jede Fernsicht hört auf. Rollen der See wird zum Getöse. |
Mit ein bißchen Übung kann man auch die Beaufort-Windstärken anhand der Wellen auf See und deren Aussehen gut abschätzen. Der Deutsche Wetterdienst hat dazu auch sogenannte Seegangsbilder herausgegeben, die als Beispiel dienen und nach den Windstärken sortiert sind. Diese Broschüre kann beim Deutschen Wetterdienst bestellt werden:
Deutscher Wetterdienst
Abteilung Seeschifffahrt
Postfach 30 11 90
20304 Hamburg