Das Orkantief »Jennifer« war ein klassischer Trogorkan. Trogorkane gehören zu den schwersten und gefährlichsten der außertropischen Wirbelstürme und setzten häufig erschreckende Gewalten frei.
28.01.02, 06.00 UT
28.01.02, 18.00 UT
29.01.02, 00.00 UT
Quelle der Satellitenbilder: Wetterzentrale
Bearbeitung: Mario Lehwald
28.01.02, 00.00 UT | 28.01.02, 06.00 UT |
28.01.02, 18.00 UT | 29.01.02, 18.00 UT |
Quelle der Karten:
Wetterzentrale
Bearbeitung: Mario Lehwald
Schon am Vormittag regnete es beim Durchzug der Warmfront recht ergiebig bei einem starken bis stürmischen Südwestwind. Gegen Mittag zog dann langsam von Westen her ein dunkler Wolkenstreifen heran, der schräg von Südwesten nach Nordosten verlief und sehr tief hing. Er gehörte zur nachfolgenden Kaltfront. Es regnete noch einmal kurz und Sturmböen fegten den Regen waagerecht durch die Luft. Danach wurde die Wolkendecke heller und im Westen klarte es rasch auf.
Nach dem Aufklaren nahm der starke Wind spürbar ab. Der Deutsche Wetterdienst hatte bereits am Vormittag eine Unwetterwarnung herausgegeben und auch im Forum der Wetterzentrale wurde schon über die kommende Troglage diskutiert. Beachtlich war auch, das am Boden noch Temperaturen von fast 10 Grad herrschten, während in 6 Kilometern Höhe bereits langsam sehr kalte Luft von unter -30 Grad einsickerte! Dieses starke Temperaturgefälle sollte später die Entwicklung heftiger Schauer und auch von Gewittern ermöglichen! Die in Schauernnähe auftretenden starken Turbulenzen können Teile des heftigen Höhenwindes bis zum Boden transportieren, dieses bedeutet noch eine zusätzliche Steigerung der Windgeschwindigkeiten am Boden in der Nähe von Schauern.
Die Windabnahme hinter Kaltfront war aber nur vorübergehend. Sie konnte schon fast dazu verleiten, die angekündigte Unwetterwarnung nicht mehr Enrst zu nehmen. Am Nachmittag nahm der Wind langsam aber permanent zu. Schon bald zogen Schauerwolken heran und es wurde immer stürmischer. Als die Schauer da waren fegten rasch orkanartige Böen bis Bft. 11 übers Land!
Am Abend nahm der Mittelwind immer weiter zu und erreichte am späten Abend Bft. 8 bis 9, in Böen volle Orkanstärke! Am Leuchtturm in Kiel-Holtenau wo wir Essen waren, herrschte ein höllischer Lärm. Stühle und Tische auf der Außenterrasse des Restaurants wurden umgeworfen. Meist zogen flache Stratocumulus Wolken über den Himmel und man konnte häufig den zunehmenden Mon sehen.
Gegen 22 Uhr fuhren wir wieder nach Hause. Auf der Hochbrücke überm Nord Ostsee Kanal hat es schon ganz gut gewackelt. Zu Hause angekommen begann bald das Licht im Hause zeitweise zu flackern. Das bedeutet hier nichts gutes und ist immer ein sicheres Zeichen eines sehr heftigen Sturms. Wenig später fegten Orkanböen mit einer fürchterlichen Gewalt und Getöse zwischen unser Haus und dem des Nachbarn. Der Himmel war auch wieder bedeckt und es begann zu schauern.
Während gegen 22.30 Uhr schwere Böen mit ungeheurer Gewalt zwischen die Häuser vorbeidonnerten, machte ich mich langsam fertig zu einer kleinen Tour. Geplant war der Leuchtturm in Kiel Bülk. Kamera mit Blitzlicht und der Cassettenrecorder wurden eingepackt und dann ging es langsam los. Allerdings ganz vorsichtig, denn so ganz ungefährlich war dieses Vorhaben nicht. Langsam fuhr ich in Richtung Stadtautobahn. Die Straßen waren voll mit Müll; und Ästen. Vor allem die gelben Müllsäcke waren zerfetzt worden und deren Inhalt flog überall herum. Auch Feuerwehren sah man fast an jeder Ecke; einige Straßen waren gesperrt wegen Sturmschäden.
Nach vorsichtiger und langsamer Fahrt kam ich gegen 23 Uhr am Leuchtturm an. Das Auto stellte ich 50 Meter neben dem großen Baum parallel zur Windrichtung ab. Man kann es kaum beschreiben wie dieser Baum von der Gewalt der Böen der gebeutelt wurde! Es war ein höllisches Rauschen und Dröhnen. Zeitweilig hörte man sogar heulende Geräusche aus der Richtung des Baumes. Einige Tonaufnahmen und Blitzfotos gemacht und dann gings nach 45 Minuten wieder zurück.
Mit unvorstellbarer Gewalt
beutelte der Orkan diesen Baum am Leuchtturm Kiel-Bülk.
Ein höllischer Lärm begleitete dieses Ereignis. Der Sturm kam auf diesem
Bild von links (Westen).
© Mario Lehwald
Auf dem Rückweg hielt ich noch einmal kurz in Höhe der Firma Elac an. Dort war eine hohe Fichte regelrecht abgebrochen und nur 1 Meter neben dem Häschen einer Bushaltestelle auf dem Gehweg gestürzt. Um ein Haar wäre dieses Häschen zertrümmert worden..... Schnell einige Aufnahmen mit Blitzlicht gemacht und dann gings weiter. Immer wieder sah man Teile von Baustellenabgrenzungen, die an den Wänden irgendwelcher Häuser kaputt herumlagen.
Auf dem Bürgersteig am Westring Nähe Elac in Kiel ist dieser
große Baum umgestürzt
© Mario Lehwald
Gegen 01.30 Uhr war ich wieder zu Hause. Nun zeigten die Daten vom Leuchtturm Kiel im Internet, das der Wind schon langsam wieder abnahm. Eine halbe Stunde später war das Schlimmste vorbei und der Sturm begann nun permanent abzuflauen.
Am Abend bis Mitternacht erreichte der Mittelwind am Leuchtturm Kiel Bft. 9 bis 10! In Böen wurden bis 156 km/h erreicht und damit Stärke 12 sogar überschritten.